Wenn man derzeit den Hiobsmeldungen über den „Beinahe – Bankrott Griechenlands“ und die „Herabstufung“ von Ländern wie Portugal oder Spanien verfolgt, gewinnt man den Eindruck, dass heute nur noch eines zielt: ein Land muss Liebkind der sogenannten „Ratingargenturen“ sein. Bis vor kurzem wusste ich ehrlich gesagt, nicht einmal, was das überhaupt ist. Dank Wikipedia weiß ich’s jetzt:
„Ratingagenturen […] sind private und gewinnorientierte Unternehmen, die gewerbsmäßig die Kreditwürdigkeit (Bonität) von Unternehmen aller Branchen, Staaten und deren untergeordneter Gebietskörperschaften[…], bewerten.“
Mit anderen Worten: einige wenige private Unternehmen haben die Macht, ganze Staaten in ernste wirtschaftliche Schwierigkeiten zu bringen, oder sie gar in den Ruin zu treiben – beispielsweise auch in Zusammenspiel mit den sogenannten „Hedge- Fonds“.
Jetzt sollte man meinen, daß aufgrund der Ereignisse im vergangenen Jahr einUmdenkprozess in Gang gesetzt wurde, der diese Mechanismen hinterfragt – aber wenn er eingesetzt hat, dann ist davon bisher in der Realpolitik zu spüren, satttdessen starren die europäischen Regierungschefs nach wie vor auf die besagten Agenturen wie das Kaninchen auf die Schlange.
Als Demokrat stellt sich für mich die Frage, inwiefern die Spitzenpolitiker der meisten kapitalistisch- orientierten Länder denn überhaupt noch Politik für ihre Völker machen – oder ob es nicht mittlerweile vielmehr darum geht, die Finanzwirtschaft zufrieden zu stellen. Mir ist durchaus bewusst, dass sich die beiden Themen nicht so einfach trennen lassen, möglicherweise glauben viele von Ihnen sogar die Phrase „Geht’s der (Finanz)Wirtschaft gut, geht’s den Menschen gut“ – schließlich hat die Kaste der neoliberalen Wirtschafts“forscher“ und -lobbyisten in den vergangenen 30 Jahren erfolgreich ihre Ideologie der freien Märkte als die einzig seelig machende Lösung propagiert.
Trotzdem frage ich mich, warum nicht langsam mehr Spitzenpolitiker , vor allem links der Mitte, beginnen, diese Mechanismen ernsthaft in Frage zu stellen – erste leise Kritik, beispielsweise von Schieder von der SPÖ („Runder Tisch“, ORF2 28.4.2010) gab es wenigstens schon. Allerdings weiss man, was man progressiven Kräften in der SPÖ passiert – sie werden oftmals wie beispielsweise Christoph Matznetter schnell wieder verräumt.
Ein Trauerspiel ist auch die Tatsache, wie sich derzeit die Diskussion in der Europäischen Union. Denn zumindest bis gestern hatte man das Gefühl, dass es sich bei der EU um eine „Schönwettergemeinschaft“ handelt. Wenn es einem Land mal wirklich schlecht geht, ist es mit der Solidarität der Länder dann noch weniger weit her als sonst. Da werden dann – wie beispielsweise gerade in Deutschland – wahltaktische Überlegungen (Wahl in Nordrhein-Westfalen) vor wirklich dringende Herausforderungen gereiht.
Das jetzt doch noch „etwas passiert“ um Griechenland zu retten liegt wohl weniger daran, dass man sich der Solidarität besonnen hat, als vielmehr an der Angst der anderen Mitgliedsstaaten von der Krise „mitgerissen“ zu werden.