Okt 042014
 
Fahrradabstellraum

So sehen heute viele kombinierte Fahrrad-/Kinderwagenabstellräume aus: ein Chaos ohne diebstahlsichere Abstellanlagen.

Im „Drahtesel“ 3/2014 streicht Christoph Chorherr, ein altgedienter grüner Stadtpolitiker, der sich schon oft um fortschrittliche Radpolitik in Wien verdient gemacht hat, angebliche Fortschritte in Bezug auf die Unterbringung von Fahrrädern in Wohnhausanlagen mit der letzten Bauordnungsnovelle hervor.

Tatsache ist, dass man, wenn man besagte Novelle nach dem Wort „Fahrrad“ durchsucht , genau eine relevante Stelle findet:
(5) Auf jedem Bauplatz mit mehr als zwei Wohnungen ist in dem der Anzahl der Wohnungen entsprechenden Ausmaß ein Raum zum Abstellen von Kinderwagen und Fahrrädern vorzusehen. Räume zum Abstellen von Kinderwagen und Fahrrädern sowie Waschküchen, Müllräume, Saunaräume und andere Gemeinschaftsräume müssen vom Hauseingang barrierefrei, andernfalls mittels eines Aufzuges oder über Rampen beziehungsweise maschinelle Aufstiegshilfen, und gefahrlos für behinderte Menschen zugänglich und benützbar sein. Räume zum Abstellen von Kinderwagen müssen überdies vom Inneren des Gebäudes zugänglich sein. Bei der Ermittlung des erforderlichen Ausmaßes des Fahrradabstellraumes ist auf die besondere Bedeutung der umweltverträglichen Verkehrsart Rad fahren Bedacht zu nehmen. Durch die Ausgestaltung des Fahrradabstellraumes ist die Zugänglichkeit und Verfügbarkeit der abgestellten Fahrräder zu gewährleisten.

Abschnitt 8, §119 (59), Bauordnung für Wien, Fassung vom 04.10.2014

Abgesehen davon, dass der Satz über die „Ermittlung des erforderlichen Ausmaßes des Fahrradabstellraumes“ nicht mehr ist als heiße Luft, weil Architekten und Bauträger damit selbst bestimmen können, wie viel ihnen die „umweltverträgliche Verkehrsart Rad“ bedeutet, ist keine essentielle Verbesserung für die Radunterbringung in Wohnhäusern festzustellen: so gibt es weiterhin keine Verpflichtung für den Bauträger, die Radabstellräume entsprechend praktikabel auszustatten – Stichwort: diebstahlssichere Unterbringung, und es gibt auch nach wie vor keine verpflichtende Trennung von Kinderwagen- und Fahrradabstellräumen.

Mit anderen Worten: das Chaos, das in vielen „Radabstellräumen“ derzeit herrscht, wird weiter bestehen. Trotz Beteuerung der Grünen im Vorfeld zu den Verhandlungen, die neue Bauordnung würde auch für RadlerInnen Verbesserungen bringen, ist daraus nichts geworden.

Es wird also auch in Zukunft nur vom Engagement der jeweiligen Hausverwaltungen bzw. Bauträger abhängen, Fahrradräume praktikabel zu gestalten. Und das ist, abgesehen von einigen einsamen „Leuchtturmprojekten“ wie der „Bike City“ im 2. Bezirk oftmals mit der Lupe zu suchen.

Schade um die vergebene Chance!

 

Nov 012013
 

Am 1. November 2011, also vor 2 Jahren, nahm die Radagentur, die mittlerweile mit der Schaffung einer Fußgängerbeauftragten zur  „Mobilitätsagentur“ erweitert wurde, ihre Arbeit auf. Der damals definierte Aufgabenbereich der neu geschaffenen GmbH unter anderem: die  Öffentlichkeitsarbeit für den Radverkehr, Anlaufstelle für alle Radfahrorganisationen sowie die Schnittstelle zwischen Magistrat und Radfahrcommunity.

Da die Radagentur also genug Zeit hatte, sich in Ihrer Funktion zu beweisen, darf ein erstes Fazit gezogen werden. Aus meiner Sicht: die PR funktioniert gut. Überall in der Stadt verteilt findet man das hübsche Logo der Radagentur, der Radbeauftragte Martin Blum darf sich immer wieder in der Öffentlichkeit, etwa bei Diskussionen zum Thema, äußern und macht dies auch meist sehr zufriedenstellend und professionell. Auch hat man als Radfahrer in Wien durch die Agentur das Gefühl, freundlich, kompetent und mit Respekt behandelt zu werden – vielen Dank an dieser Stelle an all die netten MitarbeiterInnen der Mobilitätsagentur!

Das größte Manko der neu geschaffenen GmbH allerdings ist, dass sie keinerlei Entscheidungskompetenzen hat. So erfüllt sie Ihre Schnittstellenaufgabe zur Wiener Beamtenschaft – namentlich zu den Magistratsabteilungen 46 und 33 zwar – das sieht aber so aus, dass einem seitens der Agenturmitarbeiter nur freundlich mitgeteilt wird, warum dieses oder jenes Begehren zum Thema Radfahren „leider nicht umsetzbar“ oder „leider nicht möglich ist. Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet: man hat eine Pufferzone zwischen BürgerInnen und Beamtenschaft geschaffen, wodurch sich letztere die direkte Konfrontation mit den Menschen zunehmend erspart.

In den verantwortlichen Magistratsabteilungen (hauptsächlich 46 und 33)  hat sich dagegen, so mein Eindruck, in Wirklichkeit wenig getan. Hier wird noch immer zuerst ans Auto gedacht, Innovationen im Radverkehr, ein Evaluieren und Überdenken etablierter, aber teilweise sinnloser, manchmal sogar gefährlicher Radverkehrslösungen findet nicht statt.

Um sich nicht dem Vorwurf, zu wenig zu tun, werden da und dort Maßnahmen – wie etwa die Erweiterung des Ringradweges – gesetzt oder Bodenmarkierungen erneuert, Radwege eingefärbt. Das man aber beispielsweise den Ringradweg – als teilweise  gefährliche Slalomstrecke für Fußgänger und Radfahrer – grundsätzlich hinterfragt – Fehlanzeige!

Die  MitarbeiterInnen der Radagentur haben selbstverständlich daran keine Schuld. Verantwortlich dafür sind die gewählten PolitikerInnen in den entsprechenden Ressorts – allen voran Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou als Leitern des Ressorts für Stadtentwicklung, Verkehr, Klimaschutz, Energieplanung und BürgerInnenbeteiligung. Es muss die Frage gestattet sein, ob sie entweder nicht genug Maßnahmen setzt beziehungsweise ob die Grünen nicht genug Durchsetzungsfähigkeit besitzen, um Ihre Ideen beim Thema Verkehr im Zusammenhang mit Radfahren in die Tat umzusetzen, und das auch abseits des derzeit viel diskutierten (und selbstverständlich ebenfalls wichtigen) „Prestigeprojektes“ Fussgängerzone Mariahilfer Strasse.

Aug 152012
 

Sehr geehrte Damen und Herren der ÖBB!

Zum wiederholten Male muss ich feststellen, dass die ÖBB fahrradfahrende KundInnen nicht ernst nimmt.

Diesmal haben wir uns an einem Feiertag dazu entschlossen, entlang des beliebten Donauradweges von Wien nach Hainburg/Donau mit dem Fahrrad zu fahren und per ÖBB von Hainburg wieder nach Wien zurückzufahren.

Leider musste ich feststellen, dass die ÖBB scheinbar den Donauradweg nicht einmal kennt: anders ist nicht zu erklären, warum keinerlei Vorbereitungen getroffen werden, um den wahrscheinlichen Ansturm von RadfahrerInnen Herr zu werden.

Es beginnt damit, dass an Feiertagen die S7 ab Wolfsthal nur alle zwei Stunden fährt. Zweitens sind viel zu wenige Fahrardabstellplätze im Zug vorhanden, was dazu führt, dass man als RadfahrerIn auch andere Plätze als die dafür vorgesehenen im Einstiegsbereich nutzen muss und sich dadurch zwangsläufig mit anderen Fahrgästen in die Quere kommt, was sich naturgemäß ab Flughafen Wien noch verschlimmert: ein Chaos aus Koffern, Rädern und dazwischen umhersteigenden Menschen ist die Folge.

Ich frage mich, wofür ich hier 5 EUR (mit Vorteilscard) für ein Fahrradtagesticket bezahlt habe? Schlauerweise ist eine Reservierung für Fahrräder auf der Strecke auch nicht möglich.

Man sollte meinen, dass den ÖBB an umweltfreundlichen Verkehr interessiert sei, und beispielsweise bedarfsorientiert eigene Waggons mit mehr Fahrradabstellplätzen auch auf der S7 und vielen anderen Strecken bereitstellen würde.

Es wäre auch hoch an der Zeit, dass sich die ÖBB mit den Fahrradorganisationen – beispielsweise IG Fahrrad oder Argus – zusammen tut, um die Bahn künftig fahrradfreundlicher (was Streckenangebot und auch Wagenmaterial betrifft) zu gestalten.

[Update 03.09.2012] Mittlerweile habe ich eine Rückmeldung der ÖBB erhalten – leider zum Großteil unverbindliches Gewäsch:

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Natürlich sind wir bemüht unseren Kunden so viele Fahrradstellplätze wie möglich anzubieten. Leider ist unser aktuelles Wagenmaterial jedoch nicht vollkommen auf Fahrradtransport ausgerichtet. Wir wirken dem jedoch bereits entgegen und haben Anfang Juli 2012 eine neue Wagenbauart eingeführt, die speziell für den Fahrradtransport im Nahverkehr konzipiert wurde. Dieser Wagen ist in einen Raum der Fahrradstellplätze bietet und in einen Raum mit Sitzplätzen unterteilt. Im Moment kommt diese Bauart bereits auf den Strecken Wien – Krems/Donau und Wien – Neusiedl/See zum Einsatz. Mehrere Wagen sollen bald ausgeliefert und auf anderen Strecken integriert werden.

Bezüglich den Fahrplänen auf der Strecke Wien – Wolfsthal weisen wir Sie gerne darauf hin, dass die ÖBB, auch wenn wir uns unseres kommunalen Auftrag bewusst sind, ein wirtschaftlich zu führendes Unternehmen sind. Heute ist es uns leider nicht mehr möglich Züge, die nicht die notwendige Auslastung aufweisen und so die Wirtschaftlichkeit in Frage stellen zu führen.

Gerne haben wir Ihre Nachricht aber an die zuständige Fahrplangestaltung weitergeleitet und diese um entsprechende Berücksichtigung gebeten.

Wir hoffen Ihr Verständnis gefunden zu haben und entschuldigen uns für die entstandenen Unannehmlichkeiten.

Außerdem wäre es sehr wichtig, dass Vorteilscard- BesitzerInnen Ihr Fahrrad gratis im Zug mitnehmen könnten – die Wiener Linien haben ja letzteres bereits vorgezeigt.

Mai 152011
 

Als ich verganegene Woche einen Link zur Aktion „Wien radelt zur Arbeit“ auf Facebook postete, ernte ich gleich einen kleinen Sturm der Entrüstung über „die rücksichtslose Radfahrer“.
Da wurde über bei roter Ampel fahrende und Fußgänger niedermähende Radler geschimpft, einer meinte er, er würde sich vor „narrischen Autofahrern“ weniger bedroht fühlen als durch rücksichtslose Radler.
Als begeisterter Alltagsradler muss ich gestehen, dass diese Klagen leider oft berechtigt sind, wenn auch selbstverständlich nicht allgemein gültig.
Allerdings greift die Kritik an den vielen, bösen RadfahrerInnen, die andere und oft auch sich selbst gefährden, viel zu kurz.

Denn vielmehr fällt mir auf, dass sehr viele VerkehrsteilnehmerInnen immer rücksichtsloser agieren, und zwar egal, auf welche Art sie sich fortbewegen:

  • Fußgänger, die gedankenlos auf Radwegen herum tappen oder bei rot über die Straße gehen, weil „eh nix kommt“
  • Radfahrer, die leider oftmals auch bei rot fahren oder an ungünstigen Stellen übeholen oder schneiden
  • Autofahrer, die auch immer öfter bei Gelb oder rot fahren, Radfahrer anhupen, weil sies so furchtbar eilig haben, oder gar solche, die in Kreuzungen einfahren, obwohl auf der gegenüberligenden Seite nicht genug Platz ist und damit dann Übergänge bzw. Wege der Radfahrer und Fußgänger blockieren oder an den unmöglichsten (und verbotenen) Stellen parken.

Als Verkehrsteilnehmer, egal ob zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs, der versucht, den anderen gegenüber immer rücksichtsvoll zu agieren, fühle ich mich zuweilen jedenfalls eher einsam aufs Wien Straßen. Auffällig ist, dass Kritik am Verkehrsgeschehen oft recht einseitig ist. Man merkt vielen Leuten beispielsweise an, dass sie selten bis nie mit dem Rad in Wien unterwegs sind, aber auch nicht gewillt oder fähig, etwas aus dem Blickwinkel des anderen zu betrachten oder gar zu versuchen, dass Große und Ganze zu überblicken.

Hier zeigt sich, dass der Straßenverkehr in Wahrheit sehr gut widerspiegelt, wie heute weite Teile der Gesellschaft aufgebaut sind: jeder ist sich nur mehr selbst der nächste, alle sind grundsätzlich einmal nur auf ihren eigenen – vermeintlich vermuteten – Vorteil aus. Statt der in der StVO festgehaltenen „Partnerschaft im Verkehr“ wird die Wettbewerbsgesellschaft und das übersteigerte Konkurrenzdenken, dass uns jahrelang eingebläut  wurde, auch auf den Straße übertragen. Verkehrsregeln sind da sowieso nur mehr unnötige Hindernisse oder gar subtile Repressionsversuche des Staates. Dabei wäre in Wahrheit allen gedient, wenn jeder von uns einfach ein bisschen rücksichtsvoller agieren würde, weil damit das Treiben auf der Straße ein bisschen weniger stressig und damit auch flüssiger wäre.

Im Übrigen sollte das natürlich nicht auf der Straßenverkehr beschränkt bleiben, ein bisschen mehr Miteinander und ein bisschen weniger Geschwindigkeit würde uns auch in anderen Bereichen sehr gut tun.

Mai 282010
 

Sehr geehrte Herr-, und Frauschaften der ÖVP Alsergrund!

Hin und wieder tue ich mir an, dass“Bezirks-Journal“ zu lesen – und wenn ich mal sehr gut drauf bin, lese ich die „bezirks.blicke“, einige Seiten, die offensichtlich von der ÖVP gesponsert werden.

So kam es, dass ich diese Woche wieder mal das „Vergnügen“ hatte, das Wesen der ÖVP kennenzulernen. In dicken Lettern wird da in Ausgabe 21/10 der „Wildwuchs an Fahrradständern“ beklagt, der „kein Ende“ nehme. Da wird beklagt, dass 99% der Ständer in der Parkspur“ errichtet würden – was wohl laut ÖVP „die BürgerInnen“ nicht wollen.

Erstmal frage ich mich, inwieweit „erboste BürgerInnen“ repräsentativ für einen ganzen Bezirk sind.
Zweitens finde ich dann die Postion von einem gewissen Dr. Wolfgang Ulm, GR in Wien, für eine Partei, die gerne als „urban“ und „weltoffen“ gesehen werden würde, so wenig Fantasie und Gestaltungswillen hat, dass sie eine „bedarfsorientierte“ Aufstellung der Ständer fordert. Denn Politik heißt aus meiner Sicht nicht nur, das Umsetzen, was „die Bürger“ wollen, sondern auch neue Akzente setzen und Entwicklungen lenken.

Eigentlich müsste das politische Ziel in Wien ja lauten „Mehr nicht-motorisierter Individual-, und öffentlicher Verkehr, weniger Autos“ – denn in den vergangenen Jahren ist Wien immer mehr zur Autohölle geworden, mit fatalen Auswirkungen für ganze Bezirke und Bezirksteile, ehemals belebte Einkaufstrassen (z.B. Pragerstrasse im 21.) sind heute nur mehr Durchzugskorridore mit leerstehenden Geschäftslokalen. Das ist zwar natürlich in erster Linie die Schuld der SPÖ, weil sie in Wien de absolute Mehrheit hat, aber auch die ÖVP stimmt oft munter beim Ausbau des Strassenetzes mit.

Das Problem ist, dass die Aufstellung von Fahrradständern zwar ein wichtiger Schritt sind, aber leider nur die Halbe Miete – es müssten noch weitere, mutigere Maßnahmen folgen, die die Nutzung des Fahrrads in der Stadt attraktiver, und umgekehrt die Nutzung des Autos unattraktiver machen.

Leider sind, mit Ausnahme der Grünen die etablierten Parteien heutzutage nicht mehr in der Lage, über Legislaturperioden hinaus zu denken und mutige, aber zukunftsorientierte Schritte zu setzen, die vielleicht kurzfristig Widerstände in Teilen der Bevölkerung hervorrufen, aber sich langfristig rechnen.

Jeder vernünftige Mensch muss sich doch eingestehen, dass der „Autowildwuchs“ nicht so weitergehen kann – was, wenn eines Tages mehr Autos als Menschen in der Stadt gibt? Wird Wien dann noch lebenswert sein?

Diese Frage möchte ich den drei großen Autofahrerparteien in Wien, namentlich SPÖ, ÖVP und FPÖ, schon hier einmal stellen.