Feb 052024
 

Meinen letzten Post habe ich vor 5 Jahren mit den Worten „Das Gespenst namens “FPÖ” könnte so lange weiter geistern, bis es endlich auch nachhaltig politisch entzaubert wird.“ beschlossen.
Heute wissen wir, dass niemandem gelungen ist, das „Gespenst“ zu entzaubern.

Sebastian Kurz, der eine zeitlang als „Strache mit Manieren“ vieler Wähler an sich ziehen konnte, ist mittlerweile genauso Geschichte wie Strache. Die ÖVP hat nach den Skandalen, die durch die „Causa Schmid“ aufgeflogen sind, massiv an Wählerzuspruch verloren. Und die FPÖ erlebt mit einem ihrer bisher uncharismatischsten „Führer“ in der Geschichte – Herbert Kickl – einen neuen Höhenflug bei den Umfragen.
Und wieder rufen viele Kommentartor:innen, Aktivist:innen und auch diverse Parteien wie die ÖVP – wenig glaubwürdig angesichts diverser Koalitionen mit den Freiheitlichen in Bund und Ländern – sowie auch die SPÖ wiedereinmal „Kickl verhindern!“
Diesem Ruf kann ich dieses Mal, 24 nachdem ich durch die Proteste vor nunmehr 24 Jahren nicht mehr vorbehaltlos folgen.

Selbstverständlich: auch heute noch ist für mich ein Herbert Kickl an der Spitze des Landes unvorstellbar. Aber genauso unvorstellbar ist für mich, was jetzt viele als mögliche Alternative nach den Wahlen wieder fordern: eine Koalition aus Rot und Schwarz.

Denn diese Regierungsform wird keine Probleme (mehr) lösen, aus dem einfachen Grund, weil mit der ÖVP kein Staat zu machen ist. Diese Partei, die nunmehr seit 1987(!) ohne Unterbrechung in der Regierung sitzt hat sich in dieser Zeit nämlich nicht zum besseren verändert. Ehemals verantwortungsbewusst und staatstragend ist sie heute nur mehr eine Partei von Korruptionisten (siehe diverse gerichtsanhägige Causen) und Verhindern (Stichwort: Klimaschutzgesetz, Stichwort Generalstaatsanwalt) geworden.

Sie ist schlicht schon viel zu ange an der Macht, und bleibt die es, etwa in Form einer Neuauflage der SPÖVP- Koalition, wird das auch den Höhenflug der FPÖ nicht verhindern, im schlimmsten Fall wird dadurch nur eine FPÖ- Alleinregierung heran.

Für mich muss dieses Jahr jedenfalls eines Priorität haben: die Volkspartei darf nicht wieder Teil der Regierung sein, es wird nach 37 auf der Regierungsbank Zeit für einige Jahre in der Opposition. Hoffentlich wandelt sie sich von der „manierlichen FPÖ“ wieder zu einer verantwortungsbewussten christlich-konservativen, verantwortungsbewussten Partei, die nicht nur auf ihre und die Vorteile ihrer Klientel schaut. Denn diese ÖVP wird schmerzlich vermisst.

Ob die Freiheitlichen in die Regierung kommen oder nicht, ist für mich mittlerweile zweitrangig. Jedenfalls haben sie ja in der Vergangeit bewiesen, dass sie es nicht können, und ich wäre guter Hoffnung, dass sie sich wegen Unfähigkeit bald wieder selbst in die Luft sprengen.

Nov 232017
 

Türkisblau wird sich wenig von Schüssels Schwarzblau  unterscheiden

Beginnend mit dem Februar 2000 demonstrierten Tausende gegen die Regierungsbeteiligung der rechtsextremen FPÖ. Der ORF Wien beschäftigte sich vor Kurzem mit der Frage, warum gegen die – wahrscheinliche – neuerliche Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen viel weniger demonstriert wird als damals. Die bisher größte Kundgebung seit der Wahl war eine „Lichterkette“ rund ums Regierungsviertel am 15. November. Die Anzahl der TeilnehmerInnen war mit geschätzten 10.000 auch weit geringer als in den  „Wendejahren“

Die Situation, in der sich das Land befindet derzeit befindet, ist auch in vielen Dingen nicht mit der von 2000 vergleichbar. Für die Wahl im Jahr 2017 habe ich von Anfang an damit gerechnet, dass die FPÖ an einer Regierung beteiligt sein würde. Die einzige Frage, die ich mir stellte war, ob sie mit Hilfe von Rot oder mit Schwarz/Türkis an die Macht kommen würden.

Das Rennen hat dann die kurz’sche ÖVP gemacht, in dem sie FPÖ- Positionen 1:1 kopierte. Die Strategie der SPÖ, mit einem ihrer wichtigsten Themen, der Verteilungsgerechtigkeit zu punkten ging nicht auf, beziehungsweise wurde natürlich durch die „Silberstein- Affäre“ konterkariert

Was die politischen Inhalte betrifft, muss gesagt werden, dass sich ÖVP und SPÖ nicht erst in der letzten Legislaturperiode immer mehr an FPÖ- Positionen angenähert haben. Ich erinnere da an das populistische Verhüllungsverbot, dass die SPVP – Koalition beschloss,  die peinliche Diskussion über die Aufnahme von 50 minderjährigen Flüchtlingen oder die Forderung der Schließung der Brenner- Grenze, mit der sich SP- Doskozil und VP- Kurz gegenseitig überbieten wollten und die für Verstimmung mit Italien sorgte.

So gesehen beherrscht die FPÖ schon lange große Teile der österreichischen Politik, beispielsweise sind etwa viele der Forderungen aus dem „Österreich zuerst“ – Volksbegehren der FPÖ, das 1992 noch für Massenproteste sorgte, mittlerweile längst Gesetz. Die FPÖ hat also mit dafür gesorgt, dass die Republik die realpolitisch nach rechts gerückt ist.

Jetzt wird die FPÖ also nicht nur den Diskurs vor sich hertreiben sondern demnächst auch Regierungsämter besetzen. Dagegen werden wird wieder demonstriert werden, aber es werden längst nicht so viele wie anno 2000. Denn damals hat Wolfgang Schüssel ein Wahlversprechen gebrochen, um an die Macht zu kommen. Er überrumpelte das Land, indem er scheinbar über Nacht mit den Freiheitlichen einen Koalitionspakt präsentierte. Und damit war der „antifaschistische Schutzwall“, der bis dahin eine Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen verhinderte, gebrochen. Dieser wird auch – ob man das gut findet oder nicht – auch nie wieder errichtet werden können.

2017 hat die Volkspartei mit freiheitlichen Positionen den ersten Platz bei der Wahl errungen, es kommt daher auch nicht sehr überraschend, dass sie mit jener Partei koalieren will, mit der sie meisten inhaltlichen Positionen teilt.

Fast 58 Prozent derjenigen, die von Ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht haben, äußerten damit ihren Wunsch nach einer neoliberalen, rechts-rechten Regierung. Eine Mehrheit will also (wieder) eine rassistische, arbeitnehmerfeindliche Politik des Sozialabbaus und der Korruption. Diese wird sie mit ziemlicher Sicherheit auch bekommen.Jedes Volk bekommt eben die Regierung, die es verdient.

Gegen einiges, was Türkisblau plant werde ich wohl wieder auf die Straße gehen, aber sicher nicht mehr in der Häufigkeit und mit dem Elan, mit dem ich es von 2000 – 2006 getan habe. Das heißt aber nicht, dass ich resigniere. Vielmehr halte ich es für wichtiger, diesmal  konstruktiv am Aufbau bzw. der Stärkung einer progressiven Alternative zum türkisschwarzblauen Modell mitzuarbeiten. Das ist mit Sicherheit erfolgversprechender als wöchentlich auf die Straße zu gehen.

Mai 232014
 

Am Sonntag ist es auch in Österreich soweit: die Europawahl steht vor der Türe. Glaubt man den Umfragen, so geht das das Interesse an der Wahl zum Europaparlament seit Jahren zurück.

Dabei hat diese einzige demokratisch direkt legitimierte  Institution der Europäischen Union in den letzten Jahren an real-politischer Bedeutung gewonnen. So müssen sich potentielle Mitglieder der EU- Kommission dem Parlament einem Hearing stellen,die Kommission muss außerdem vom Parlament bestätigt werden – sprich: es hat auch die Möglichkeit, Kommissionsmitglieder abzulehnen. Wenn Angela Merkel also wirklich beschließen sollte, dass die Siegerfraktion im Parlament nicht den Präsidenten stellen soll, wird sie es schwer haben, jemand anderen durchzubringen. Ohne Zustimmung des Parlaments  kann außerdem kein Budget mehr beschlossen werden

Auch braucht die Kommission seit dem Lissabon – Vertrag bei vielen Themenbereichen die Zustimmung des Parlaments, wenn sie Richtlinien durchbringen will. Während die Kommission oft als Büttel der Konzerne und der Wirtschaft im Allgemeinen  auftritt, hat das Parlament in der vergangenen Periode oft bewiesen, dass es auf der Seite der BürgerInenn steht – man erinnere sich etwa daran, dass es die Saatgutverordnung gekippt hat, sich für ein schärferes Datenschutzrecht eingesetzt, gegen das ACTA- Abkommen gestimmt.

Sicherlich gibt es noch genug Negatives zu sagen über diese Europäische Union – beispielsweise dass Lobbying nach wie vor, vor allem bei der Kommission, aber auch im Parlament, viel zu wenig kontrolliert, transparent gemacht beziehungsweise eingeschränkt wird. Oder aber, dass die Abgeordneten bisher kein Initiativrecht besitzen, also keine Gesetzesvorschläge einbringen können (ein Recht, dass das Parlament übrigens über alle Fraktionen hinweg einfordert).

Die mangelnde Macht des Parlaments bringt mich gerade zu meiner

1. Wahlempfehlung: am Sonntag unbedingt hingehen und wählen!

denn: eine möglichst hohe Beteiligung würde zeigen, dass uns etwas an demokratischer Mitbestimmung liegt, und dass wir wollen, dass diese Europäische Union wesentlich demokratischer werden muss!

Genauso wichtig ist aus meiner Sicht:

2. Grundsätzlich pro-europäische Kräfte wählen!

Die Europawahl zum Verteilen von „Denkzetteln“ zu missbrauchen nützt niemanden, außer den Populisten. Mit „pro-europiäsch“ meine ich all jene Parteien, die nicht für ein „Europa der Vaterländer“ eintreten, oder, wie Ewald Stadlers „Rekos“, gar das Parlament (nochmal: die einzig direkt legitimierte demokratische Institution!) abschaffen wollen, oder völlig naiv und gefährlich von einem Austritt träumen, wie „EU Stopp!“. Mit pro-europäsich meine ich all jene, die nicht einer dummen „Nationalstaatsnostalgie“ verfallen sind und glauben, dass es wieder so werden könnte wie vor 1995. Pro- europäisch heißt aber durchaus: kritisch sein gegenüber dem Europa, wie es sich jetzt präsentiert, in dem nach wie vor die neoliberale Ideologie vorherrscht und in dem das Wohl der Menschen viel zu oft hinter das Wohl der Menschen gereiht wird. Dementsprechend sehe ich sowohl SPÖ, ÖVP, Neos als auch Grüne und „Europa anders“ als „pro-europäische“ Kräfte.

3. Michel Reimon mit Vorzugsstimme wählen!

Die Entscheidung, wem ich dieses Mal meine Stimme geben werde, fällt mir bei dieser Wahl sehr leicht: Michel Reimon von den Grünen bekommt meine Stimme, weil er als Globalisierungskritiker anerkannt ist (darüber sogar Bücher geschrieben hat), meist linke Postionen vertritt und dennoch einen gesunden Pragmatismus an den Tag legt (etwa indem er meint, dass die Abschaffung von Frontex keine Probleme lösen würde, weil dann die Nationalsstaen die Aufgaben der Agentur übernehmen würden damit die Kontrolle durch das Parlament wegfallen würde). Ich finde, er sollte die Chance bekommen, sein Wissen und Können im Europaparlament unter Beweis zu stellen!

Meine zweite Wahl hinter den Grünen wäre übrigens Europa anders – einem bunten Bündnis, in dem ebenfalls viele kluge und engagierte Köpfe zu finden sind – auch wenn ich bisschen ein Problem damit hätte, damit dem politisch Chamäleon Martin Ehrenhauser ins zurück ins Parlament zu verhelfen.

Mein wichtigstes Anliegen bleibt allerdings:

Sonntag wählen gehen – und Europas Zukunft mitbestimmen!

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Mai 092014
 

Anno 2000 (und danach)  waren es noch die Regierungsgegner von Schwarzblau, in Gestalt von Starsky, die das Bundeskanzleramt mit Projektionen verzierten. Im Jahr 2014 macht das die Regierung gleich selber: zum Jubiläum der Kapitulation Hitler- Deutschlands wurden Zitate aus dem „Mauthausen Schwur“ an die Hausfassade des Gebäudes projiziert.

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Ebenso erfreulich, dass Bundesheer seit einigen Jahren eine den ganzen Tag dauernde Mahnwache an der Krypta beim Heldentor abhält, die unter anderem das „Totengedenken“, dass früher von rechtsextremen Burschenschaften abgehalten worden war, verhindert. Nicht zu vergessen natürlich das seit dem letzten Jahr stattfindende „Fest der Freude“ zum selben Ereignis. Manche Dingen ändern sich also doch zum Guten!

Jan 242014
 

Eigentlich wollte ich ja heute nicht hingehen, zur Kundgebung gegen den „Akademikerball“. Auf diesem Ball, an dem sinnigerweise HC Strache als nicht-studierter Zahntechniker teilnehmen darf, und an dem sich ein paar ewiggestrige Rechte aus Österreich und Europa treffen werden.

Eigentlich wollte ich mir einen gemütlichen Abend machen, denn der Ball ist zu unwichtig, um ihm zu viel Aufmerksamkeit zu schenken – zumal der Kartenverkauf eher schleppend verlaufen ist und im Gegensatz zu früher keine wirklich wichtigen Menschen den Ehrenschutz für den Ball übernommen haben.

Eigentlich gäbe es genügend Dinge, für die es viel mehr Wert wäre, auf die Straße zu gehen: für eine gerechtere Verteilung von Vermögen, für eine echte Bildungsreform, für eine bessere Regierung.

Eigentlich. Aber jetzt das: die Polizei will Wien zur Festung machen: eine riesige Sperrzone im ersten Bezirk, die größer wird als anlässlich des Besuchs des US-Präsidenten 2006. Und ein Vermummungsverbot in allen Innenstadtbezirken. Selbst die Pressefreiheit wird mit dem Vorwand der Sicherheit der Ballbesucher eingeschränkt.

„2000 Polizisten sollten den reibungslosen Ablauf des Balles und die Gewaltfreiheit der Proteste dagegen garantieren.“ schreibt die FAZ – das sind angeblich 1000 Polizisten mehr als in den Jahren davor. Dabei hat sich in den letzten Jahren die „Gewalt“ gegen Ballbesucher im Wesentlichen auf Farbbeutelwürfe und Bespucken beschränkt (beides auch keine intelligenten Handlungen). Die wahre Gewalt dagegen ging von anderer Seite aus – der Angriff auf den ehemaligen SP- Nationalrat Albrecht  Konecny ist hier noch in trauriger Erinnerung.

Man muss also den Eindruck gewinnen, dass die Polizei bewusst auf Eskalation im Vorfeld der Demonstrationen setzt – welche Beweggründe sie antreibt, darüber kann nur spekuliert werden. Denkbar wäre Argumente gegen die angekündigte Schließung von Polizeidiensstellen zu schaffen, oder aber sie will Instrumente wie die der „Gefahrenzonen“ in Hamburg erhalten.

Dass Wien heute zur Festung gemacht wird und Bürgerrechte beschnitten werden sollen wird mich heute dazu bewegen, friedlich auf der Straße zu protestieren – und nicht die Tatsache, dass ein paar Witzfiguren aus dem rechten Milieu auf einem unbedeutenden Ball tanzen.