Mrz 172011
 

Im Zuge der Aufstände und Revolutionen in der arabischen Welt beginnt man als Bewohner der so genannten „freien Welt“ – ein Begriff, der, aus der Zeit des kalten Krieges stammend, eigentlich für Demokratie und Freiheit stehen sollte, schon ein wenig ins Grübeln.

Denn offenbar glauben sogar unsere Staatsmänner und -frauen oft selbst nicht all zu sehr an diese „westlichen“ Werte. Wie sonst ist zu erklären, dass Ben Ali, Husni Mubarak oder Gaddafi bis vor Kurzem noch die besten Freunde von Sarkozy, Berlusconi & Co waren? Nicht genug, man hat nicht einmal Maßnahmen ergriffen, um die durchaus vorhandene demokratische Opposition in diesen Ländern zu unterstützen oder versucht, demokratische Tendenzen zu unterstützen. Stattdessen hat man mit den feinen Herren Geschäfte gemacht, ja teilweise von Ihnen die Drecksarbeit, Stichwort Migration aus Libyen, erledigen lassen.  Die revolutionären Bewegungen haben, so scheint’s, Europa und die USA völlig unvorbereitet getroffen – ein weiteres, starkes Zeichen der Inkompetenz weiter Teile der politischen Kaste in der „freien Welt“, die offenbar heute hauptsächlich damit beschäftigt ist, der Wirtschaft zu dienen.

Eine politische Strategie in Bezug auf den arabischen Raum ist währenddessen weiter nicht zu erkennen.- Das könnte beispielsweise für Libyen bald ernste Konsequenzen : dem verrückten Gaddafi könnte die Rückeroberung des Landes gelingen, auch weil der Westen nciht mit einer Stimme spricht und sich zu keinem Eingreifen durchringen kann.

Gadaffi fordert bereits ein Schuldbekenntnis des Westens, wenn dies komme, so der „Revolutionsführer“ könnten  „[…]die guten Beziehungen und die wirtschaftliche Kooperation Libyens […] wiederhergestellt werden“ – das wirft dann die spannende Frage auf, wie die Länder der westlichen Hemnisphäre in so einer Situation reagieren würden. Stehen sie diesmal zu ihren eigenen demokratischen Werten, oder stellen sie Wirtschaft und die Einwanderungs“problematik“ in der Vordergrund, und machen sich damit ein für alle mal lächerlich und unglaubwürdig?

Wenn man an die Demokratie glauben würde, könnte man sie viel offensiver propagieren, beispielsweise nach dem Motto „Werden ihr demokratischer, kooperieren wir auch auf wirtschaftlicher Ebene mehr mit Euch“. Stattdessen ist es bis heute umgekehrt: „Hauptsache Kohle, aber seid’s lieb und werdet ein bissl demokratischer“ .

Man könnte den Eindruck gewinnen, dass die Staatenlenker auch bei uns nicht (mehr) so recht an „unsere“ eigenen Werte glauben, was ich durchaus verstehen kann, denn die Parlamente gibt es noch, die Entscheidungen werden aber häufig nicht mehr in demokratischem Sinne getroffen.

[Update 18.3.2011] Offenbar haben nun doch einige Staaten erkannt, dass ein Eingreifen notwendig ist, und eine Resolution im UN- Sicherheitsrat durchgebracht. [/Update]

Jan 042011
 

Insbesondere konservative Politiker berufen sich ja sehr gerne auf „europäische Werte“, beispielsweise dann, wenn es darum geht, Ihnen nicht genehme Länder aus der EU draußen zu halten.  Bis vor Kurzem war noch nicht einmal halbwegs klar, was  „europäische Werte“ denn eigentlich genau sind – mittlerweile gibt es wenigstens Versuche, diese wissenschaftlich zu definieren. Als kleinsten gemeinsamen Nenner könnte man von der Europäischen Grundrechtecharta bzw. der Europäischen Menschenrechtskonvention ausgehen, die erstmals im Vertrag von Lissabon verankert wurde. Die aktuelle Diskussion um das neue ungarische Mediengesetz verdeutlicht allerdings, wie es derzeit um die Durchsetzung dieser Rechte bestellt ist.  Unter anderem sieht dieses Gesetz Strafen von 700.000 Euro mehr für „Schädigungen von öffentlichen Interessen“ vor, ohne selbige genauer zu definieren. Das ist nicht nur meiner Meinung nach ein schwerer Eingriff in Demokratie und Pressefreiheit. Die Reaktionen der anderen Mitgliedsstaaten und der EU ist bisher ziemlich zahnlos – viel mehr als Sorge und Kritik war bisher nicht zu hören, und dass, nachdem das Gesetz bereits im August beschlossen worden war. Dabei wäre es an der EU- Kommission, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn einzuleiten – dieses lässt aber nach wie vor auf sich warten. Selbstverständlich ist Ungarn nicht das einzige Land, das in Bezug auf die menschenrechtliche Situation unter die Lupe genommen werden müsste – als Stichwort wären hier beispielsweise die Medien in Italien zu nennen. So lange nicht einmal INNERHALB der EU überall die Menschenrechte zufriedenstellend durchgesetzt sind, ist die Kritik an anderen außereuropäischen Ländern nur mäßig glaubwürdig.

Sep 162010
 

Für kommenden Samstag, den 18. September 2010 ruft die Bürgerinitiative „Machen wir uns stark“ zu einer Manifestation am um18 Uhr am Heldenplatz auf, um Ihren Forderungen:

  • Kurswechsel in der Asyl- und Fremdenpolitik
  • mutige Bildungspolitik
  • gerechtere Verteilung des Wohlstands und Jobs
  • das entschlossene Eintreten für eine demokratische Öffentlichkeit

Nachdruck zu verleihen. Als Unterstützer der Initiative möchte ich ebenfalls dazu aufrufen, hin zu kommen und zu sagen, dass es SO in unserer Gesellschaft nicht weitergehen kann und nicht weiter gehen darf.

Während Banken und Fonds Milliarden horten und von den SteuerzahlerInnen zur Unterstützung bekommen haben, sollen jetzt plötzlich wir alle zahlen.

Während sich Leute wie Karl-Heinz Grasser oder Julius Meinl der V scheinbar alles erlauben drüfen und höchstwahrscheinlich unbescholten davon kommen, weist man Teenager wie Arigona Z. aus, weil angeblich „Recht Recht bleiben“ muss.
Während immer mehr Kinder und Jugendliche am Bildungssystem scheitern und Ihnen damit die Zukunft verbaut wird, verteidigen konservative Politiker und Gewerkschafter Ihre Pfründe und verhindern damit eie dringend notwendige Modernisierung von Schulen und Universitäten.

Ich halte zwar das Instrument einer weiteren Demonstration, auch wenn sie jetzt neudeutsch Manifestation genannt wird, für nicht zielführend -ich habe schon zu viele Demos mitgemacht um zu wissen, dass sie KEINE Änderung herbeiführen – aber sie wird zumindest ein wichtiges Signal sein.

Künftig müssen wir alle uns aber überlegen, wie wir es schaffen, dass unsere Forderungen in Realpolitik gegossen wird – denn alle Lesungen, Feste, Konzerte und Diskussionen (die ohnehin meist unter Gleichgesinnten stattfinden) werden keine Besserung bringen. Bisher ist die Zivilgesellschaft darauf angewiesen, dass ihr die politischen Parteien zuhören, und das tun sie leider in den letzten Jahren immer weniger.

Jun 302010
 

Gestern sah sich Heinz Fischer nach Kritik an seiner (Nicht-) Reaktion zum Fall Zogaj von verschiedenen Seiten, unter anderem auch der Grünen, in einer Stellungnahme auf via Facebook zu reagieren.  Darin meint er, dass „VfGH-Erkenntnisse zu respektieren“ seien, er menschlich aber  „alle versteht, die enttäuscht, empört & betroffen sind“.

Das sind zwar nette Worte, aber nach seiner Ankündigung, in der zweiten Amtszeit deutlicher zu werden, hat mich diese Reaktion ebenfalls enttäuscht.  Ich hätte mir beispielsweise einen deutlichen Apell an die Bundesregierung und im speziellen Innenminsterin Fekter erwartet, eine humanitäre Lösung zu finden – auch wenn das mit Sicherheit wieder hämische Kommentare von rechts über den „roten Heinzi“ ausgelöst hätte – was soll’s, wer von etwas überzeugt ist, der verträgt so etwas – und außerdem hat Fischer keine Wahl mehr zu schlagen.

In einem der zahlreichen Kommentare zur Facebook – Meldung verlangt eine Userin: „schau ma lieber auf unsere leute“. Stellt sich für mich die Frage: welche Kriterien man erfüllen muss, um in den Augen mancher MitbürgerInnen zu „uns“ Österreichern zu gehören. Breiter oberösterreichischer Dialekt reicht scheinbar nicht aus, meist auch nicht die österreichische Staatsbürgerschaft – im Gemeindebau bleibt man „Ausländer“, so lange man nur den Hauch eines Akzents aufweist.

Diese Einstellung ist traurig, wenn man bedenkt, dass der Großteil der „echten“ ÖsterreicherInnen von Einwanderern abstammt.

Der Umgang der Politik mit AsylwerberInnen, die diese meist nur noch als potentielle Kriminelle betrachtet, und der Anlassfall Zogaj hat die sonst sanft schlummernde österreichische Zivilgesellschaft scheinbar wieder einmal wachgerüttelt – und so findet morgen, am Donnerstag den 1. Juli ab 18:30 Uhr am Heldenplatz eine Demonstration unter dem Titel „Genug ist genug“ statt, zu der zahlreiche Prominente und Organisationen, unter Ihnen beispielsweise Robert Misik aufrufen.

Ich selbst bin leider nicht in der Stadt, rufe aber alle zur Teilnahme auf.

Feb 122010
 

Seit Wochen wirbt nun schon die Wiener SP für ihre „Volksbefragung“. Die Meinungen darüber, wie die Landesregierung mit diesem direkt-demokratischen Instrument gehen dabei in der öffentlichen Diskussion weit auseinander.

In seinem Blog-Beitrag „Hingehen? Gibt’s Alternativen?“ „auf wienwillswissen.at begründet Michael Eisenriegler, bekannter Neue-Medien- Unternehmer und SP- Mitglied, warum er es für wichtig hält, an der Volksabstimmung teilzunehmen.

Da ist von Demokratie die Rede, die sich nicht darauf beschränken solle, alle 5 Jahre ein Kreuzerl zu machen und von der Wichtigkeit der  Instrumente der Volksbefragung und der Volksabstimmung.

Grundsätzlich bin ich ebenfalls der Meinung, dass Demokratie mehr sein kann, nein sein MUSS, als alle paar Jahre wählen zu gehen. Aber ob fünf Kreuzerl so viel mehr Beteiligung an der Demokratie bedeuten als eines, wage ich dann doch eher zu bezweifeln. ECHTE Beteiligung heißt für mich vielmehr, sichan NGOs zu beteiligen, sich in Parteien organisieren, seine Meinung zu einem Thema öffentlich zu machen und mit seiner Umwelt zu diskutieren.

Aus meiner Sicht gibt es außerdem gute Gründe, warum das Mittel der Volksbefragung bzw. -abstimmung nur sparsam eingesetzt werden sollte. Einerseits ist das die Tatsache, dass es sehr manipulativ eingesetzt werden kann. Das beste Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist dabei das Ergebnis der Volksabstimmung über das Minarett- Verbot in der Schweiz – das war Populismus im schlechtesten Sinne, denn die Menschen stimmten in Wahrheit über alles Mögliche ab, Minarette zählten dabei aber wohl zu den weniger triftigen Gründen für das „Ja“.

Zweiter Punkt: eine Volksabstimmung ist kein Ersatz für mutige Politik. Das sei am Beispiel des Volksbefragungs- Punktes „Citymaut“ erklärt: mangels Wissen über die konkrete Ausformung einer Citymaut, und aufgrund der Tatsache, dass man grundsätzlich eher ablehnt, was man nicht kennt wird die Frage mit ziemlicher Sicherheit mehrheitlich mit „Nein“ beantwortet werden. In London hat man die Citymaut eingeführt – und zwar OHNE vorherige Abstimmung. Laut Umfragen war zu Beginn die Mehrheit der Bevölkerung dort auch GEGEN die Maut. Mittlerweile hat sich das Blatt gewendet und es gibt große Zustimmung für die Maßnahme – man hat sich daran gewöhnt und schätzen gelernt.

In Wirklichkeit könnte man also eine Volksabstimmung auch als Entscheidungsfähigkeit der poltischen Kräfte bewerten – nach dem Motto: „Ich traue mich nicht, also frag ich lieber das Volk“.

Zurück zur Wiener Volksabstimmung. Die ist leider offensichtlich ein Wahlkampfgag der SPÖ, denn anders ist nicht zu erklären, warum gerade DIESE fünf Fragen ausgewählt wurden, und warum sie teilweise so manipulativ gestellt werden. So ist zum Zusatztext am Stimmzettel(!) zu lesen „In Wien konnte durch die Verkehrspolitik […] in den letzten Jahren der Autoverkehr in der Stadt deutlich reduziert werden.“ – also nach dem Motto: „in Wien geht der Autoverkehr zurück – und wollen sie IMMER NOCH eine Citymaut? Naaaa?“.

Die Frage ist, ob diese SPÖ- Strategie, statt für mehr Demokratie zu sorgen, nicht sogar eher die direkt- demokratischen Instrumente beschädigt und diskreditiert. Jedenfalls sieht alles stark nach einem zu offensichtlichen PR- Schlager im Wahljahr aus.

Trotz allem habe auch ich von meinem Wahlrecht Gebrauch gemacht – und nicht so gestimmt, wie es die SPÖ sich vielleicht wünscht. Leider hege ich Zweifel daran, dass das mehr Leute tun werden – unter anderem auch deshalb, weil sie aus Protest gegen die manipulative Befragung dieser fernbleiben werden.