Im Zuge der Aufstände und Revolutionen in der arabischen Welt beginnt man als Bewohner der so genannten „freien Welt“ – ein Begriff, der, aus der Zeit des kalten Krieges stammend, eigentlich für Demokratie und Freiheit stehen sollte, schon ein wenig ins Grübeln.
Denn offenbar glauben sogar unsere Staatsmänner und -frauen oft selbst nicht all zu sehr an diese „westlichen“ Werte. Wie sonst ist zu erklären, dass Ben Ali, Husni Mubarak oder Gaddafi bis vor Kurzem noch die besten Freunde von Sarkozy, Berlusconi & Co waren? Nicht genug, man hat nicht einmal Maßnahmen ergriffen, um die durchaus vorhandene demokratische Opposition in diesen Ländern zu unterstützen oder versucht, demokratische Tendenzen zu unterstützen. Stattdessen hat man mit den feinen Herren Geschäfte gemacht, ja teilweise von Ihnen die Drecksarbeit, Stichwort Migration aus Libyen, erledigen lassen. Die revolutionären Bewegungen haben, so scheint’s, Europa und die USA völlig unvorbereitet getroffen – ein weiteres, starkes Zeichen der Inkompetenz weiter Teile der politischen Kaste in der „freien Welt“, die offenbar heute hauptsächlich damit beschäftigt ist, der Wirtschaft zu dienen.
Eine politische Strategie in Bezug auf den arabischen Raum ist währenddessen weiter nicht zu erkennen.- Das könnte beispielsweise für Libyen bald ernste Konsequenzen : dem verrückten Gaddafi könnte die Rückeroberung des Landes gelingen, auch weil der Westen nciht mit einer Stimme spricht und sich zu keinem Eingreifen durchringen kann.
Gadaffi fordert bereits ein Schuldbekenntnis des Westens, wenn dies komme, so der „Revolutionsführer“ könnten „[…]die guten Beziehungen und die wirtschaftliche Kooperation Libyens […] wiederhergestellt werden“ – das wirft dann die spannende Frage auf, wie die Länder der westlichen Hemnisphäre in so einer Situation reagieren würden. Stehen sie diesmal zu ihren eigenen demokratischen Werten, oder stellen sie Wirtschaft und die Einwanderungs“problematik“ in der Vordergrund, und machen sich damit ein für alle mal lächerlich und unglaubwürdig?
Wenn man an die Demokratie glauben würde, könnte man sie viel offensiver propagieren, beispielsweise nach dem Motto „Werden ihr demokratischer, kooperieren wir auch auf wirtschaftlicher Ebene mehr mit Euch“. Stattdessen ist es bis heute umgekehrt: „Hauptsache Kohle, aber seid’s lieb und werdet ein bissl demokratischer“ .
Man könnte den Eindruck gewinnen, dass die Staatenlenker auch bei uns nicht (mehr) so recht an „unsere“ eigenen Werte glauben, was ich durchaus verstehen kann, denn die Parlamente gibt es noch, die Entscheidungen werden aber häufig nicht mehr in demokratischem Sinne getroffen.
[Update 18.3.2011] Offenbar haben nun doch einige Staaten erkannt, dass ein Eingreifen notwendig ist, und eine Resolution im UN- Sicherheitsrat durchgebracht. [/Update]