Jul 132015
 

Viele Griechen haben bei den vergangen Wahlen die linke „Syriza“ gewählt, in der Hoffnung, dass diese Partei etwas gegen die – vor allem in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht – katastrophalen Zustände im Land unternehmen könnte. Gehofft hat aber nicht nur die griechische Bevölkerung, sondern auch viele Menschen in Europa, dass es dem linken Bündnis gelingen würde, ein Umdenken in der Wirtschafts- und Sozialpolitik des Kontinents anzustossen und endlich vom dogmatischen Sparwahn und der in Europa selbst nach der Krise von 2008 nach wie vor herrschenden Ideologie des Neoliberalismus abzurücken.

Was sich in den vergangen Wochen Tagen und Wochen in Sachen Griechenland abgespielt hat, bestärkt aber die Hoffnung auf ein „anderes Europa“ nicht gerade. Während Premierminister Tsipras‘ Entschluss, ein Referendum über das Spardiktat der Euro- Länder abzuhalten, ein mutiger war, und das Ergebnis wunderbar eindeutig ausfiel, ist die 180 Grad – Kehrtwende des Syriza- Vorsitzenden, die er binnen kurzer Zeit bis zum 13. Juli vollzogen hat, in keiner Weise mehr zu begreifen. Erst die Zukunft zeigen, was am Wochenende vor diesem 13. Juli zu diesem Schwenk geführt hat. Denn die „Einigung“, die jetzt zustande kam beinhaltet genau wieder jene Maßnahmen, gegen die sich das Griechische Volk am 6. Juli mit über 61 Prozent ausgesprochen hat. Ein Premier, der  gegen einen so explizit formulierten Wunsch handelt, ist aus meiner Sicht rücktrittsreif.

Der Schaden, die die Handlungsweise Tsipras‘ angerichtet hat, lässt sich derzeit noch schwer abschätzen. Zunächst wären da natürlich die Auswirkungen auf Bevölkerung und Wirtschaft zu betrachten. Noch sind Details über das Abkommen zwar rar – dem Vernehmen nach  sind die geforderten Maßnahmen aber teilweise sogar härter denn je zuvor. Bereits bekannt ist die geplante Privatsierung von Staatsvermögen , die unter den gegeben Umständen wohl nur Schleuderpreise am Markt lukrieren wird, sowie die Erhöhung der Mehrwehrtssteuer. beides verheißt jedenfalls nichts Gutes.

Auch all jene, die auf ein langsames Umdenken in der europäischen Wirtschafts- und Sozialpoltik, weg von Austerität und Sozialabbau hin zu Maßnahmen zu sinn- und maßvollem Sparen, mehr sozialer Gerechtigkeit und Ankurbelung der Wirtschaft gehofft hatten, sind wohl jetzt desillusioniert. Gerade die europäische Linke, die bisher „ein anderes Europa  ist möglich“ (ich glaube trotzdem noch daran)  zu Ihrem Motto erkoren hat, könnte sich nun diskreditiert haben. Diesbezüglich darf man gespannt auf den Ausgang der Wahlen im kommenden Herbst in Spanien und dem Abschneiden von Podemos sein.

Zur Rolle deutscher Politiker (und Medien) in der „Griechenlandkrise“ möchte ich gar nicht zu viel Platz verschwenden, denn die Gefahr, dabei ausfällig zu werden, ist zu hoch. Das Wort „verachtenswert“ trifft es wohl am Ehesten. Wäre man mit „den Deutschen“ nach dem Zweiten Weltkrieg so verfahren, wie sie es jetzt mit Griechenland gemacht hatten, würden die Geschichtsbücher heute mit Sicherheit bereits von einem Dritten berichten.

Die Süddeutsche schreibt über Deutschland zur Krise:

„Jeden Cent an Griechenland-Hilfe, den sie den Bundesbürgern zu ersparen suchte, wird sie in den kommenden Jahren doppelt und dreifach ausgeben müssen, um dieses Bild wieder aufzupolieren.“

Dieser Aussage ist bedingungslos zuzustimmen. Merkel, Schäuble & Co haben das Vertrauen in Europa durch ihre Wortwahl und ihr Handeln nachhaltig beschädigt.

Es steht zu befürchten, dass das Zusammenwirken einer erfolglosen Linken und der hirnlos agierenden „etablierten Parteien“ (Konservative, Sozialdemokraten, Liberale) dazu führen wird, dass sich der Aufstieg der Rechtextremen in ganz Europa beschleunigen wird. Um unser aller Willen hoffe jedenfalls nicht, dass wir in Zukunft eines Tages auf diesen 13. Juli 2015 als dem Anfang vom Ende zurückblicken müssen.

Dez 292010
 

Kurz vor Jahreswechsel meldete sich Orangen- Frontman Seppi Bucher mit einer kongenialen Idee zu Wort: er fordert die Schaffung einer zweiten Eurozone. Ich frage mich: warum nicht gleich Nägel mit Köpfen, und 16 Euro- Zonen, nämlich jedem Land seinen eigenen Euro, dann könnte Österreich auch gleich wieder seine heiß geliebte Bertha von Suttner auf die Scheine drucken…

Aber genug der zynischen Worte, der Vorschlag des BZÖ, das spätestens nach den nächsten Nationalratswahlen nur mehr eine Fußnote der Geschichte sein wird, ist selbstverständlich nicht ernst zu nehmen. Denn woran der Euro, den ich grundsätzlich für eine gute Idee gehalten habe und nach wie vor halte, wirklich krankt, ist, dass er eine halbe Sache ist.  Hat irgendein europäischer Politiker jemals wirklich angenommen, dass eine Währungsunion ohne echte gemeinsame Wirtschafts-, Steuer- und Sozialpolitik funktionieren kann? Dieser Irrglaube kann eigentlich, im Nachhinein gesehen, nur auf dem Mist derjenigen gewachsen sein, die dem reinen Glauben der Allmacht der Märkte anhängen. Meiner Meinung nach hat gerade die Tatsache, dass sich in der Eurozone – wie in der gesamten EU – die einzelnen Ländern mit unterschiedlichen Wirtschafts-, Steuer-, und Sozialsystemen untereinander Konkurrenz  machen, die aktuellen Europrobleme wenn nicht gar verursacht dann zumindest extrem verschärft.

Eine Exit- Strategie aus den aktuellen Problemen kann nun aber nicht darin liegen, die Währungsunion schleichend wieder abzuschaffen, sondern im Gegenteil endlich eine echte politische Integration anzugehen. An vorderster Stelle muss dabei die Solidarität der Menschen untereinander stehen.

Mai 112010
 

Was sich derzeit, im Zuge der Finanzkrise innerhalb der EU und innerhalb vor allem auf der viel beschworenen „bilateralen Ebene“ der Einzelstaaten abspielt, macht auf drastische Weise sehr deutlich, dass dieses aus meiner Sicht Projekt mittelfristig zum Scheitern verurteilt sein könnte, wenn es nicht bald zu echten politischen Veränderungen kommt. „Kurskorrekturen“ werden dabei nicht mehr reichen.

Zwar wurde jetzt ein Paket zur Rettung der Gemeinschaftswährung beschlossen, was aber fehlt, ist ein echtes politisches Miteinander der Regierungen und Staaten des Kontinents. Die Politik beschränkt sich noch immer, wie auch in diesem Fall, auf reine Wirtschaftspolitik.

So mahnt der IWF, eine „[…]enge Abstimmung unter den Ländern der Europäischen Union[…]“ ein. Und damit hat er recht, auch wenn sich diese Institution als Inbegriff des neoliberalen Zeitgeists in dem Fall wohl auf die Finanz-, bzw. Wirtschaftspolitik fokusiert hat.

Ebenso wichtig wäre aber eine echte politische Zusammenarbeit auf anderen wichtigen Feldern, allen voran die Sozial-, und Steuerpolitik.  So gehört der wirtschaftliche Wettbewerb, der heute noch zwischen Ländern wie Großbritannien, der Slowakei, Polen, Rumänien, Deutschland etc. tobt, drastisch eingedämmt.

Oder wie ist zu erklären, was daran „gut“ sein sollte, dass beispielsweise die Slowakei dank „Flat Tax“ und damit verbundener niedrigerer Sozialstandards anderen Ländern Arbeitsplätze schnappt und damit die Konkurrenzsituation verschärft?

Es muss endlich damit begonnen werden, einheitliche soziale Standards für GANZ Europa umzusetzen, und die dürfen sich selbstverständlich NICHT am „kleinsten gemeinsamen Nenner“ orientieren.

Es wird Zeit, endlich zu kapieren, dass es der Wirtschaft (und damit auch der Währung) nur dann gut gehen kann, wenn es den Menschen gut geht – und nicht umgekehrt. Und deshalb müssen jetzt Maßnahmen ergriffen werden, die  nicht in erster Linie sparen zum Ziel haben sollten, sondern bei denen der soziale Lastenausgleich zwischen Arm und Reich, Arbeit und Kapital im Vordergrund stehen muss.

Allerdings muß ich zugeben, dass ich angesichts der politischen Elite, die jetzt in ganz Europa an der Macht ist, eher skeptisch bin, dass das gelingen kann – sie wurde in den letzten 20 Jahren zu stark geblendet von den neoliberalen Irrlichtern.

Aber vielleicht sollte man auch die europäische Bevölkerung noch nicht anschreiben, vielleicht erwacht sie endlich und steht endlich auf und erhebt lautstark Einspruch gegen das, was gerade passiert – und zwar GEMEINSAM nicht gegeneinander. Nun ja, man wird ja wohl noch hoffen dürfen….