Okt 042010
 

In knapp 7 Tagen ist es soweit: in Wien wird der Landtag neu gewählt, und angeblich ist noch jeder dritte Wähler unentschlossen welcher Partei er seine Stimmen geben wird. Ich zähle mich zum Glück auch diesmal wieder nicht dazu, meine Entscheidung steht bereits fest.

Man könnte mich also etwas wie einen „Grünen Stammwähler“ bezeichnen, und auch bei dieser Wahl werden sie meine Stimme bekommen. Im Lauf der Jahre hat sich aber zugegebenermaßen die Gründe, grün zu wählen für mich weg von Euphorie  hin zu mehr Pragamatismus gewandelt.

Mit vielem, was die Grünen tun, oder besser: WIE sie es tun, bin ich nicht immer restlos zufrieden. So empfand auch ich die Grabenkämpe innerhalb diverser Bezirksgruppen mehr als entbehrlich, zumal es – so kommt es mir so vor – oft nicht um inhaltliche Unterschiede, sondern um persönliche Eitelkeiten ging. Und die gehässigen Kommentare mancher FunktionärInnen gegen Ihre ehemaligen MitsreiterInnen sind oft reichlich kindisch.

Auch sind mir die Grünen oft zu angepasst und stromlinienförmig in Ihrem Auftreten, dass die zu einer „ganz normalen Partei“ (Zitat Van der Bellen) wurden, empfinde ich nicht nur als Vorteil.

Trotz dieser Mängel werde ich Vassilakous Team auch diesemal wieder meine Stimme geben, und dies hat einige gute Gründe.

Erstens habe ich gerade in den letzten Monaten viele engagierte Menschen innerhalb der Partei kennengelernt bzw. kannte sie schon länger. Erwähnen möchte ich stellvertretend Marco Schreuder, Niki Kunrath oder Klaus Werner-Lobo, sowie unzählige BezikrsrätInnen, etwa im 21. oder im 3. Bezirk.

Zweitens gibt es für mich viele inhaltliche Gründe für grün: die Grünen sind mittlerweile die einzige Partei, die glaubhaft und komplett eine Zusammenarbeit mit den rechten Hetzern von der FPÖ ablehnt. Derweil versucht die ÖVP schon seit Jahren die Freiheitlichen rechts zu überholen, unter anderem mit einer unerträglichen Innenministerin Maria Fekter, die SPÖ schließt währenddessen eine Koalition, im Gegensatz zu früheren Zeiten, mit der FPÖ nicht mehr aus – siehe Burgstaller und Voves. Außerdem hat sie massiven Verschärfungen etwa im Fremdengesetz entweder (ohne Not) zugestimmt oder zumindest nicht verhindert.

Ein weiterer wichtiger inhaltlicher Aspekt ist für mich die angestrebte „Energiewende“ der Grünen, die einen massiven Ausbau alternativer Energien und damit verbunden die Schaffung vieler neuer Jobs vorsieht. Damit eng verbunden auch das Thema Verkehr, bei dem die Grünen die einzigen sind, die auch die „Heilige Kuh“ Automobil nicht ungeschoren davon kommen lassen wollen – keine andere Partei im Gemeinderat setzt sich so für den massiven Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel, für deren Vergünstigung und vor allem auch für die RadfahrerInnen ein. Gerade hier sieht man auch eines der massivsten Probleme der SPÖ Wien: der fehlende Mut, auch scheinbar unpopuläre Maßnahmen – Beispiel Citymaut – zumindest zu diskutieren. Maßnahmen wie diese werden früher oder später notwendig sein.

Mit Sicherheit hat die SPÖ in den letzten Jahrzehnten vieles auch richtig gemacht in Wien, doch jetzt wäre es an der Zeit, diverse Entwicklungen, wie das undurchschaubare Geflecht  an Firmen im Besitz oder im Dunstkreis der SPÖ, oder die mit Sicherheit auch vorherrschende Misswirtschaft in Teilen der Stadtverwaltung zu entwirren und aufzudecken, und dazu ist es notwendig, dass Häupl seine absolute Mehrheit verliert, aber nicht zu Gunsten der Hetzer vom rechten Rand, sondern zu Gunsten der Grünen, die in einer Koalition mit der SPÖ frischen Wind in die abgestaubte Stadtverwaltung und –gestaltung bringen würden.

Jeder, der rot- grün in Wien will, muss grün wählen – nur so kann einerseits die Absolute der SPÖ in Wien gebrochen und andererseits die für die SPÖ wohl „bequemere“ Variante einer rotschwarzen Zusammenarbeit zumindest signifikant erschwert werden.  [Update] Das es Zei für rotgrün ist, davon hat mich auch die ATV- Diskussion überzeugt: Vassilakou gab souveräne und kompetente Antworten, während BM Michael Häupl wieder einmal mit seiner pointierten Art für so manche Erheiterung sorgte. Dagegen wirkte Strache weinerlich und Marek, die offenbar langsam zwischen dem liberalen und dem hardiner- Flügel ihrer Partei zerrissen wird, sehr defensiv. [/Update]

Einen letzten Appell möchte ich aber noch an alle richten, selbst wenn sie mit rot-grün nichts am Hut haben: wenn Ihr die unerträgliche rechte Hetze verhindern wollt dann geht bitte wählen – denn jeder Nichtwähler nützt Straches Radaubrüdern. Danke.

Ein letzter Satz noch: ich bin vom grünen Gemeinderat Marco Schreuder, den ich als kompetenten und engagierten Menschen kennengelernt habe, gebeten worden, die Werbetrommel für ihn zu rühren. Marco braucht jede Stimme, um seine Arbeit im Stadtparlament fortsetzen zu können – eine Bilanz seiner Tätigkeiten in den vergangenen Jahren und seiner Pläne für die nächsten findet Ihr auf seiner Homepage.

Aug 212009
 

Begonnen hat die Diskussion Sozialminister Rudolf Hundstorfer mit seiner Ankündigung, die Anzahl der geleisteten Überstunden in Österreich senken zu wollen. Dabei wollte er aber explizit die Aussage nicht als „Plädoyer für die 35-Stunden-Woche“ verstanden wissen.

Dieses Plädoyer haben gestern die Grünen abgeliefert, und sie haben recht mit Ihren Forderungen bzw. Vorschlägen. Allein die Tatsache, dass letztes Jahr 370 Millionen Überstunden in Österreich geleistet wurden, die Anzahl der Jobs aber, aufgrund zunehmender Automatisierung und aktuell auch wegen der Wirtschaftskrise, tendenziell eher weniger als mehr werden, sollte zum Nachdenken anregen. Ist es beispielsweise wirklich sinnvoll, dass viele Mitbürger 50, 60 oder 70 Stunden pro Woche arbeiten?

Sicher geht die Rechnung, dass mit der vollständigen Abschaffung von Überstunden 180.000 Vollzeitarbeitsplätze geschaffen würden, derzeit so nicht auf. Schließlich gibt es beispielsweise im IT-Bereich Arbeitskräftemangel, sprich: es wären gar keine Leute da, die Arbeit der weggefallenen Überstunden erledigen könnten. Außerdem dürften einem Arbeitgeber zwei Arbeitnehmer, die 35 Stunden pro Woche arbeiten nicht mehr kosten als als einer, der 70 Stunden arbeitet.

Auch wenn also noch viele Details zu klären, so gehen die grundsätzlichen Überlegungen in die richtige Richtung. Wenn es immer mehr Menschen in arbeitsfähigen Alter gibt, die Anzahl der Arbeitsplätze aber nicht in gleichem Masse steigt, muss die vorhandene Arbeit eben auf mehr Menschen aufgeteilt werden, sprich: für viele weniger Arbeit, statt für Wenige viel Arbeit und für den Rest gar nichts. Die Alternative dazu ist, dass Wenige für den Erhalt derjenigen arbeiten, die keine Arbeit haben. Und diese Alternative ist – Stichwort Sozialschmarotzer noch viel verpönter in unserer Zeit.

Überhaupt sollte man bestimmte Werte unserer heutigen Industriegesellschaft ernsthaft zu hinterfragen beginnen. In großen Teilen der Bevölkerung ist dann jemand wichtig und angesehen, wenn er viel arbeitet, wenig schläft – und  „Zeit für gar nix hat“ (außer Arbeit).

Dabei ist es zumindest aus meiner Sicht viel besser, wenn man nicht lebt, um zu Arbeiten, sondern arbeitet um zu leben.