Mai 282010
 

Sehr geehrte Herr-, und Frauschaften der ÖVP Alsergrund!

Hin und wieder tue ich mir an, dass“Bezirks-Journal“ zu lesen – und wenn ich mal sehr gut drauf bin, lese ich die „bezirks.blicke“, einige Seiten, die offensichtlich von der ÖVP gesponsert werden.

So kam es, dass ich diese Woche wieder mal das „Vergnügen“ hatte, das Wesen der ÖVP kennenzulernen. In dicken Lettern wird da in Ausgabe 21/10 der „Wildwuchs an Fahrradständern“ beklagt, der „kein Ende“ nehme. Da wird beklagt, dass 99% der Ständer in der Parkspur“ errichtet würden – was wohl laut ÖVP „die BürgerInnen“ nicht wollen.

Erstmal frage ich mich, inwieweit „erboste BürgerInnen“ repräsentativ für einen ganzen Bezirk sind.
Zweitens finde ich dann die Postion von einem gewissen Dr. Wolfgang Ulm, GR in Wien, für eine Partei, die gerne als „urban“ und „weltoffen“ gesehen werden würde, so wenig Fantasie und Gestaltungswillen hat, dass sie eine „bedarfsorientierte“ Aufstellung der Ständer fordert. Denn Politik heißt aus meiner Sicht nicht nur, das Umsetzen, was „die Bürger“ wollen, sondern auch neue Akzente setzen und Entwicklungen lenken.

Eigentlich müsste das politische Ziel in Wien ja lauten „Mehr nicht-motorisierter Individual-, und öffentlicher Verkehr, weniger Autos“ – denn in den vergangenen Jahren ist Wien immer mehr zur Autohölle geworden, mit fatalen Auswirkungen für ganze Bezirke und Bezirksteile, ehemals belebte Einkaufstrassen (z.B. Pragerstrasse im 21.) sind heute nur mehr Durchzugskorridore mit leerstehenden Geschäftslokalen. Das ist zwar natürlich in erster Linie die Schuld der SPÖ, weil sie in Wien de absolute Mehrheit hat, aber auch die ÖVP stimmt oft munter beim Ausbau des Strassenetzes mit.

Das Problem ist, dass die Aufstellung von Fahrradständern zwar ein wichtiger Schritt sind, aber leider nur die Halbe Miete – es müssten noch weitere, mutigere Maßnahmen folgen, die die Nutzung des Fahrrads in der Stadt attraktiver, und umgekehrt die Nutzung des Autos unattraktiver machen.

Leider sind, mit Ausnahme der Grünen die etablierten Parteien heutzutage nicht mehr in der Lage, über Legislaturperioden hinaus zu denken und mutige, aber zukunftsorientierte Schritte zu setzen, die vielleicht kurzfristig Widerstände in Teilen der Bevölkerung hervorrufen, aber sich langfristig rechnen.

Jeder vernünftige Mensch muss sich doch eingestehen, dass der „Autowildwuchs“ nicht so weitergehen kann – was, wenn eines Tages mehr Autos als Menschen in der Stadt gibt? Wird Wien dann noch lebenswert sein?

Diese Frage möchte ich den drei großen Autofahrerparteien in Wien, namentlich SPÖ, ÖVP und FPÖ, schon hier einmal stellen.

Feb 122010
 

Seit Wochen wirbt nun schon die Wiener SP für ihre „Volksbefragung“. Die Meinungen darüber, wie die Landesregierung mit diesem direkt-demokratischen Instrument gehen dabei in der öffentlichen Diskussion weit auseinander.

In seinem Blog-Beitrag „Hingehen? Gibt’s Alternativen?“ „auf wienwillswissen.at begründet Michael Eisenriegler, bekannter Neue-Medien- Unternehmer und SP- Mitglied, warum er es für wichtig hält, an der Volksabstimmung teilzunehmen.

Da ist von Demokratie die Rede, die sich nicht darauf beschränken solle, alle 5 Jahre ein Kreuzerl zu machen und von der Wichtigkeit der  Instrumente der Volksbefragung und der Volksabstimmung.

Grundsätzlich bin ich ebenfalls der Meinung, dass Demokratie mehr sein kann, nein sein MUSS, als alle paar Jahre wählen zu gehen. Aber ob fünf Kreuzerl so viel mehr Beteiligung an der Demokratie bedeuten als eines, wage ich dann doch eher zu bezweifeln. ECHTE Beteiligung heißt für mich vielmehr, sichan NGOs zu beteiligen, sich in Parteien organisieren, seine Meinung zu einem Thema öffentlich zu machen und mit seiner Umwelt zu diskutieren.

Aus meiner Sicht gibt es außerdem gute Gründe, warum das Mittel der Volksbefragung bzw. -abstimmung nur sparsam eingesetzt werden sollte. Einerseits ist das die Tatsache, dass es sehr manipulativ eingesetzt werden kann. Das beste Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist dabei das Ergebnis der Volksabstimmung über das Minarett- Verbot in der Schweiz – das war Populismus im schlechtesten Sinne, denn die Menschen stimmten in Wahrheit über alles Mögliche ab, Minarette zählten dabei aber wohl zu den weniger triftigen Gründen für das „Ja“.

Zweiter Punkt: eine Volksabstimmung ist kein Ersatz für mutige Politik. Das sei am Beispiel des Volksbefragungs- Punktes „Citymaut“ erklärt: mangels Wissen über die konkrete Ausformung einer Citymaut, und aufgrund der Tatsache, dass man grundsätzlich eher ablehnt, was man nicht kennt wird die Frage mit ziemlicher Sicherheit mehrheitlich mit „Nein“ beantwortet werden. In London hat man die Citymaut eingeführt – und zwar OHNE vorherige Abstimmung. Laut Umfragen war zu Beginn die Mehrheit der Bevölkerung dort auch GEGEN die Maut. Mittlerweile hat sich das Blatt gewendet und es gibt große Zustimmung für die Maßnahme – man hat sich daran gewöhnt und schätzen gelernt.

In Wirklichkeit könnte man also eine Volksabstimmung auch als Entscheidungsfähigkeit der poltischen Kräfte bewerten – nach dem Motto: „Ich traue mich nicht, also frag ich lieber das Volk“.

Zurück zur Wiener Volksabstimmung. Die ist leider offensichtlich ein Wahlkampfgag der SPÖ, denn anders ist nicht zu erklären, warum gerade DIESE fünf Fragen ausgewählt wurden, und warum sie teilweise so manipulativ gestellt werden. So ist zum Zusatztext am Stimmzettel(!) zu lesen „In Wien konnte durch die Verkehrspolitik […] in den letzten Jahren der Autoverkehr in der Stadt deutlich reduziert werden.“ – also nach dem Motto: „in Wien geht der Autoverkehr zurück – und wollen sie IMMER NOCH eine Citymaut? Naaaa?“.

Die Frage ist, ob diese SPÖ- Strategie, statt für mehr Demokratie zu sorgen, nicht sogar eher die direkt- demokratischen Instrumente beschädigt und diskreditiert. Jedenfalls sieht alles stark nach einem zu offensichtlichen PR- Schlager im Wahljahr aus.

Trotz allem habe auch ich von meinem Wahlrecht Gebrauch gemacht – und nicht so gestimmt, wie es die SPÖ sich vielleicht wünscht. Leider hege ich Zweifel daran, dass das mehr Leute tun werden – unter anderem auch deshalb, weil sie aus Protest gegen die manipulative Befragung dieser fernbleiben werden.

Sep 072009
 

Im nächsten Jahr, da wird in Wien gewählt, und wen wundert’s:  die SPÖ hat plötzlich wieder bemerkt, dass es an der Zeit wäre sich um ihre (Stamm-)Wähler zu kümmern. Ein heiß umkämpftes Pflaster sind dabei die Gemeindebauten, immerhin leben in Ihnen rund 500.000 Menschen. In den letzten Jahren hat ihr leider die FPÖ immer mehr Stimmen dazu gewonnen.  Warum? Weil die SPÖ Konflikte und Konfliktpotentiale jahrelang ignoriert oder totgeschwiegen hat. Jetzt werden von Seiten der Stadtregierung verstärkt so genannte „Wohnpartner“ in die Bauten entsendet, mit dem Auftrag, diese Konflikte zu lösen versuchen.

Der Standard beschäftigt sich mit dem Thema in einem interessanten Artikel. Darin wird unter anderem ein wichtige Tatsache aufgezeigt: oft geht es bei den Konflikten, auch wenn oft anderes behauptet wird, nicht so sehr um „echte Österreicher“ gegen „Ausländern“, sondern in Wahrheit um „alt“ gegen „jung“: alte Menschen fühlen sich durch den „Lärm“ spielender Kinder in Ihrer Ruhe gestört, und schimpfen dann doch nicht über laute Kinder, sondern auf „die Türken“ oder „die Jugos“ – wohl weil es einfacher ist, und weil es ins Weltbild passt, dass der Boulevard verbreitet.

Es zeigt sich, dass bei der Planung von Gemeindebauten, so gut und wichtig der soziale Wohnbau auch ist, gravierende Fehler gemacht wurden, die bis heute nicht zufriedenstellend gelöst sind. Potentielle Konflikte zwischen Menschen, die 40 Jahre im selben Bau leben und „Zugereisten“ wurden offenbar nie berücksichtigt. So spielen gerade in älteren Gemeindebauten Kinder und Jugendliche mangels Alternativen (zu wenig Spielplätze etc) eben im Hof – und ärgern damit wiederum eben jene älteren Menschen – wer einen typischen Nachkriegsbau kennt, kann das aber bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen: viel Beton und wenig Grün verstärken jedes Ballspielgeräusch und jedes Geschrei.  Die Lösung von „Wiener Wohnen“, der stadteigenen Gesellschaft zur Verwaltung der Gemeindebauten: Schilder mit „Ballspielen, Radfahren und Lärmen verboten“. Ob das die Lösung sein kann?

Das zweite Problem im Gemeindebau: früher gab’s eine Ansprechperson, an die man sich wenden konnte, wenn’s Probleme gab: den Hausmeister.  Den gibt es aber leider immer seltener. Die Reinigungsaufgaben übernehmen immer öfter anonyme Firmen, für die restlichen darf man sich als Mieter an eine ebenso anonyme Hotline von Wiener Wohnen wenden. Und wie man von Hotlines weiß: sie dienen dazu, die Entscheider von den lästigen Kunden abzuschirmen, statt den Kunden zu helfen.

Bleibt zu hoffen, dass die SPÖ in Wien in Zukunft mehr tun wird, als die Gemeindebauten nur zu verwalten. Sie muss anerkennen, dass es im Gemeindebau Probleme gibt, und sie muss (mutige) Lösungen präsentieren, sonst könnte eines Tages Wiens Bürgermeister wirklich „Strache“ heissen, und DAS soll dieser Stadt erspart bleiben!

Aug 172009
 

Seit 2006 ist Critical Mass in Wien und anderen Städten österreichischen Städten (wieder) regelmässig aktiv.  Von der medialen Öffentlichkeit hierzulande (bisher leider) meist unbemerkt, treffen sich beispielsweise in Wien Monat für Monat einige hundert RadfahrerInnen zur Protestfahrt durch die Innenstädte. Dabei wird für die Rechte des unmotoriserten Verkehrs im öffentlichen Raum demonstriert. Nach wie vor werden RadfahrerInnen gegenüber dem Autoverkehr benachteiligt, gerade in Wien – und das, obwohl Radfahren zum Klimaschutz beiträgt und obendrei nicht nur gesund, sondern auch die schnellste Art der Fortbewegung in der Stadt ist.

Gerade in Wien ist derartiger Protest notwendig:  abgesehen von einigen prestigeträchtigen Alibiaktionen der SPÖ gibt es nach wie vor unzählige Radwege, die im Nirvana enden, zu wenige Abstellplätze und bei Straßenneubauten werden die mit muskelkraft betriebenen Zweiräder selten berücksichtigt.

„Critical Mass“ ist (neben dem Engagement in Fahrradclubs wie Argus) eine Form, ein Zeichen gegen die Auto- zentrierte Verkehrspolitik zu setzen. Obendrein macht es auch noch Spaß, wenn Hunderte Menschen quer durch Stadt radeln, unter anderem auf Straßen, die sonst den PKWs und LKWs vorbehalten bleiben.

Die nächste Gelegenheit zum Mitmachen bietet sich in Wien am kommenden

Freitag, den 21.August ab 16:30 Uhr am Schwarzenbergplatz (Hochstrahlbrunnen)
Abfahrt pünktlich um 17 Uhr

Mai 272009
 

Gestern, da rückten die Wiener Grünen mal endlich wieder mit einer innovativeren und halbwegs mutigen Idee heraus: nach Ihren Vorstellungen soll eine Tageskarte für die Öffis einen Euro kosten (siehe derStandard.at) , selbst Jahreskarten sollten nach Ihrem Modell nur 100 EUR kosten. Ein sinnvoller Vorschlag in Zeiten, in den wir schleunigst etwas für die Umwelt und zur finanziellen Entlastung der Menschen tun sollten. Leider sind die Grünen in Sachen Finanzierung des Modells dann weit weniger mutig: „die Stadt wird sich das schon leisten können“ ist halt ein bissi zu wenig. Warum sagt man nicht: Verkehrsbudget von Inidividual-, zum öffentlichen Verkehr umschichten? Oder warum keine Citymaut für alle Innenbezirke? Gerade dort ist der öffentliche Verkehr so gut ausgebaut, dass jeder Autofahrer dafür blechen soll, wenn er zu bequem auf „Öffis“ umzusteigen.

Die Autofahrerpartei SPÖ hingegen überraschte ihn Ihrer Reaktion wenig: „Rein populistisch“ hiess es da bloss. Klar, denn der Vorschlag passt halt nicht zur beschlossenen Preiserhöhung von fast 10% für Fahrscheine ab Juni.  Das es durchaus auch anders ginge, weiss die SPÖ mit Sicherheit. Aber leider beschränkt sie sich ja schon seit Jahrzehnten aufs Verwalten der Stadt, ist für eine angeblich „progressive“ Partei bemerksenwert konservativ in Ihren Entscheidungen und hat offensitlich ziemlich Angst davor, einmal etwas Neues, sinnvolles auszuprobieren.