Sep. 072009
 

Im nächsten Jahr, da wird in Wien gewählt, und wen wundert’s:  die SPÖ hat plötzlich wieder bemerkt, dass es an der Zeit wäre sich um ihre (Stamm-)Wähler zu kümmern. Ein heiß umkämpftes Pflaster sind dabei die Gemeindebauten, immerhin leben in Ihnen rund 500.000 Menschen. In den letzten Jahren hat ihr leider die FPÖ immer mehr Stimmen dazu gewonnen.  Warum? Weil die SPÖ Konflikte und Konfliktpotentiale jahrelang ignoriert oder totgeschwiegen hat. Jetzt werden von Seiten der Stadtregierung verstärkt so genannte „Wohnpartner“ in die Bauten entsendet, mit dem Auftrag, diese Konflikte zu lösen versuchen.

Der Standard beschäftigt sich mit dem Thema in einem interessanten Artikel. Darin wird unter anderem ein wichtige Tatsache aufgezeigt: oft geht es bei den Konflikten, auch wenn oft anderes behauptet wird, nicht so sehr um „echte Österreicher“ gegen „Ausländern“, sondern in Wahrheit um „alt“ gegen „jung“: alte Menschen fühlen sich durch den „Lärm“ spielender Kinder in Ihrer Ruhe gestört, und schimpfen dann doch nicht über laute Kinder, sondern auf „die Türken“ oder „die Jugos“ – wohl weil es einfacher ist, und weil es ins Weltbild passt, dass der Boulevard verbreitet.

Es zeigt sich, dass bei der Planung von Gemeindebauten, so gut und wichtig der soziale Wohnbau auch ist, gravierende Fehler gemacht wurden, die bis heute nicht zufriedenstellend gelöst sind. Potentielle Konflikte zwischen Menschen, die 40 Jahre im selben Bau leben und „Zugereisten“ wurden offenbar nie berücksichtigt. So spielen gerade in älteren Gemeindebauten Kinder und Jugendliche mangels Alternativen (zu wenig Spielplätze etc) eben im Hof – und ärgern damit wiederum eben jene älteren Menschen – wer einen typischen Nachkriegsbau kennt, kann das aber bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen: viel Beton und wenig Grün verstärken jedes Ballspielgeräusch und jedes Geschrei.  Die Lösung von „Wiener Wohnen“, der stadteigenen Gesellschaft zur Verwaltung der Gemeindebauten: Schilder mit „Ballspielen, Radfahren und Lärmen verboten“. Ob das die Lösung sein kann?

Das zweite Problem im Gemeindebau: früher gab’s eine Ansprechperson, an die man sich wenden konnte, wenn’s Probleme gab: den Hausmeister.  Den gibt es aber leider immer seltener. Die Reinigungsaufgaben übernehmen immer öfter anonyme Firmen, für die restlichen darf man sich als Mieter an eine ebenso anonyme Hotline von Wiener Wohnen wenden. Und wie man von Hotlines weiß: sie dienen dazu, die Entscheider von den lästigen Kunden abzuschirmen, statt den Kunden zu helfen.

Bleibt zu hoffen, dass die SPÖ in Wien in Zukunft mehr tun wird, als die Gemeindebauten nur zu verwalten. Sie muss anerkennen, dass es im Gemeindebau Probleme gibt, und sie muss (mutige) Lösungen präsentieren, sonst könnte eines Tages Wiens Bürgermeister wirklich „Strache“ heissen, und DAS soll dieser Stadt erspart bleiben!

  2 Responses to “Was läuft schief im Gemeindebau?”

  1. Das Problem der Anonymität in unseren Gemeindebauten kenne ich leider nur allzu gut; auch wenn mir mein alter Hausmeister nicht unbedingt sympathisch war, wusste ich doch wohin ich zu gehen hatte wenn ich etwas benötigte. Durch diese „Übernahme“ von Wiener Wohnen werden die meisten Anfragen gleich im Keim erstickt weil es den meisten einfach zu blöd ist den steinigen Weg der Bürokratie über eine Hotline zu gehen; einfach beim Hausmeister anläuten war halt einfacher. Ein weiteres Problem ist in meinen Augen weniger die Kinder (Kinder spielen einfach, und sind beim spielen laut, was soll’s) sondern eher die stellenweise extrem dünnen Wände und Decken durch denen jedes Geräusch durchdringen kann, selbst wenn der Nachbar nur etwas lauter redet kann man Protokoll führen. Entweder man bleibt ruhig und gewöhnt sich dran (ich jedenfalls fand es noch nie von Nöten bei meinem Nachbarn deswegen Stress zu machen) oder man sucht sich etwas anderes; oder baut sich dickere Wände…

  2. Es ist doch vollkommener Unsinn anzunehmen man koenne rechtlich nichts machen gegen Stuttgart-21, nur weil der Paul Kirchhoff das im Fernseher gesagt hat. Wo ein Wille ist ist auch ein Weg. Unter der ueberschrift „Gutachten gegen Gutachten“ stand gestern in der Stuttgarter Zeitung ein sehr interessanter Artikel. Der Rechtsprofessor Georg Hermes sieht die Rechtslage demnach ganz anders als Herr Paul Kirchhoff. Zitat Georg Hermes: „Es sei klar, dass das Eisenbahnrecht beim Bund liege, das Land trage aber erhebliche Kosten, damit sei es mit zustaendig.“ Professor Georg Hermes laesst auch nicht gelten, dass Vertraege ewig unkuendbar sein sollen. „Das verstoeßt gegen das Demokratieprinzip.“ Neue Parlamente haetten dann keine Moeglichkeiten, aus langfristigen Vertraegen herauszukommen, argumentierte Hermes. Auch den Einwand, gegen den Haushalt sei keine Volksabstimmung moeglich, laesst Hermes nicht gelten. „Dann waere eine Abstimmung ueber jedes Gesetz, das Geld kostet, ausgeschlossen.

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